charts (2005-05-02).

Wird der popkulturjunkie es jemals schaffen, bei den Charts-Kritiken wieder auf einen aktuellen Stand zu kommen? Es bleibt spannend. Er arbeitet zumindest daran. Zum Beispiel so: Hier sind die New Entries der deutschen Singlecharts vom 2. Mai 2005:

96: Benassi Bros feat Dhany – “make me feel” / Video nicht verfügbar
Die italienischen Benassi-Brüder haben sich in Großraumdiscos europaweit mit ihrem TekHose-Sound einen Namen gemacht. “make me feel” knüpft da an, präsentiert am Mikrophon eine hübsche Italienerin namens Daniela Galli und ist ansonsten ein relativ hörbarer Eurodance-Kracher mit viel Bass. 4 von 10 Punkten.

73: Lucie Silvas – “what you’re made of” / Video
Chris Martin, Burt Bacharach und Lionel Richie mögen die. Hmmm. Lucie Silvas ist eine hübsche Engländerin mit einer ziemlich tollen Stimme, die ein bisschen an Celine Dion erinnert. Sie war bisher vor allem als Songwriterin für andere unterwegs, u.a. für Gareth Gates. “what you’re made of” klingt unglaublich vertraut, ist allerdings keine Cover-Version. Eine ziemlich schöne Piano-Pop-Ballade, die sicher irgendwann im Programm von Casting-Show-Kandidaten auftauchen wird. 6 von 10 Punkten.

68: Lil Jon & The East Side Boyz feat. Usher & Ludacris – “lovers and friends / roll call” / Video nicht verfügbar
Wie mich das langweilt. Weichgespülter RnB-Schleim. Klebrig bis zum Letzten. Es wird gerappt, gesungen, alles zu einer einschläfernden Melodie. Und wenn man sich die vielen Namen auf dem Cover anschaut, muss man sagen, dass viele Köche eben doch manchmal den Brei verderben. Teenie-Kuschel-Musik. 2 von 10 Punkten.

63: Eric Prydz & Steve Angello – “woz not woz” / Video nicht verfügbar
Der Mensch, der den ganzen Pump-House-Wahn gestartet und damit für eine Reihe überflüssiger Coverversionen anderer gesorgt hat, ist zurück. Und was macht er? Etwas völlig anderes. Kein “call on me Teil 2”, sondern eine Kooperation mit einem schwedischen DJ, die neben einer immer wiederkehrenden Melodie (Sample der 80er-Band Was (not Was)) gegen Ende Kinderchorgesang bietet. Keinen Killer-Refrain, kein Aerobic-Video, kein großes Hit-Potenzial, dafür aber auch kein Ausverkauf. 5 von 10 Punkten.

62: Nine Inch Nails – “the hand that feeds” / Video
Dass “with teeth” die wohl poppigste Nine-Inch-Nails-Platte aller Zeiten ist, wissen wir inzwischen. Da verwundert auch “the hand that feeds”, ein leicht düsterer, nicht allzu harter Poprock-Song nicht weiter. Er geht ins Ohr, bietet eine Mitgröhl-Melodie und keine sonderlich aufwändige Komposition. Spaß macht er trotzdem. 7 von 10 Punkten.

61: Keane – “bedshaped (version 1) / Video
Damals, vor gefühlten 20 Jahren, als das Keane-Album erschien und ich hin und weg war angesichts der wunderschönen Piano-Pop-Musik der Briten, damals war “bedshaped” mein absoluter Lieblings-Song der Platte. Und jetzt, wo ich ihn zum ersten Mal nach langer Zeit wieder höre, weiß ich auch wieder warum. Er ist einer der melancholischeren Keane-Songs, gerade deswegen so schön. Auch die Komposition ist nett, nicht einfach nur Verse-Chorus-Verse, sondern kleine Spielereien zwischendurch, Tempo-Wechsel. (Immer noch) 9 von 10 Punkten.

42: Lemar – “if there’s any justice” / Video
Nicht ganz so klebrig wie Platz 68, aber ähnlich belanglos. Solide produzierter, leicht Retro-mäßig klingender Soul-RnB-Pop mit einem guten Sänger, aber ohne zündende Idee. Lemar war übrigens Absolvent der britischen Casting-Show “Fame Academy”. 3 von 10 Punkten.

34: Atomik Harmonik – “turbo polka” / Video
Was sollte man von einem Song erwarten, der “turbo polka” heißt? Richtig. Absolut gar nichts. Atomik Harmonik liefern Schrott à la DJ Ötzi ab, produziert von den Menschen, die uns schon mit Haiducii belästigt haben, versuchen damit einen Sommerhit zu landen, vergessen dabei aber den Warhinweis: Verursacht tagelange, grauenhafte Ohrenschmerzen. 0 von 10 Punkten.

33: Patrick Nuo – “beautiful” / Video
Patrick Nuo, der Zweite-Reihe-Poprocker ist zurück. Der Mann, der nie einen so richtig großen Hit gelandet hat, schafft es auch diesmal nicht. “beautiful” klingt wie Ronan Keating für Arme. Ein belangloser Poprock-Song, dem die Knaller-Idee und der Ohrwurm-Faktor fehlen und der mit seinem ewigen “uhuhuh” irgendwann auch noch entsetzlich nervt. 2 von 10 Punkten.

29: Avril Lavigne – “he wasn’t” / Video
Frau Lavigne hab ich ja ziemlich abgeschrieben. Gefielen mit die Singles ihrer ersten Platte oftmals noch, hat sich das bei ihrem zweiten Album komplett geändert. Sie macht nur noch Alanis-Morissette-kompatiblen Larifari-Pop, dem jede Glaubwürdigkeit fehlt und der von jedem x-beliebigen Boyband-Komponisten gemacht worden sein kann – es wahrscheinlich auch ist. “he wasn’t” ist genau so ein Fall. Völligst langweilig. 2 von 10 Punkten.

25: Simple Plan – “shut up” / Video
Simple Plan sind eine dieser Teenie-Pseudo-Punk-Bands, für Leute, denen Blink 182 und Green Day inzwischen zu anspruchsvoll geworden sind. “shut up, shut up, shut up, don’t wanna hear it” schallt einem aus den Boxen entgegen. Und man ertappt sich dabei, ganz laut “Selber!” zu schreien. Musik, die die Welt nicht braucht. 2 von 10 Punkten.

16: Global DeeJays – “what a feeling (flashdance)” / Video
Vorhin hab ich Eric Prydz noch gelobt, jetzt muss ich mich wieder mit dem auseinandersetzen, was er angerichtet hat. Andere Dance-Produzenten inspiriert zu haben, Coverversionen mit Pump-House-Beats zu unterlegen und dabei keinen 80er-Hit auszulassen. Neuester Fall: die Global DeeJays, die uns schon “the sound of san francisco” brachten und die zu Beginn ihres neuen Songs “flashdance” in die Mikrophone sagen lassen, damit auch jeder weiß, was jetzt kommt. Was dann kommt, ist ein Verbrechen an einem Relikt der 80er, das man besser unangetastet gelassen hätte. 1 von 10 Punkten.

11: Glashaus – “haltet die welt an” / Video
Moses Pelhams Glashaus ist zurück. Das dritte Album kommt, die erste Single daraus ist eine (wie soll es anders sein) Pathos-überladene Ballade mit wenig intelligentem Text, die im Refrain auch noch einen Kinderchor aufbietet um die Stimmung zu potenzieren. Pelham kann machen, was er will, die Klasse (und die Charts-Platzierungen) seines alten Kompagnons Naidoo wird er wohl nie erreichen. 2 von 10 Punkten.

4: Snoop Dogg feat. Charlie Wilson & Justin Timberlake – “signs” / Video
So wird’s gemacht. So muss man es anstellen, schwarze Musik zu machen, die auch dem Popkulturjunkie gefällt. Ein gelungener Mix aus Timberlake-Gesangs-Elementen und dem immercoolen Snoop-Rap mit eingängiger Melodie und hohem Coolness-Faktor. 6 von 10 Punkten.

Die Top 5 vom 2. Mai 2005:
1 (1) 50 Cent – “candy shop”
2 (2) Mario – “let me love you”
3 (3) Sarah Connor – “from zero to hero”
4 (-) Snoop Dogg feat. Charlie Wilson & Justin Timberlake – “signs”
5 (5) Fettes Brot – “emanuela”

Ebenfalls erschienen, aber gefloppt:
– Ambulance Ltd – “stay where you are”
– Frank Zander – “nachbar”
– Ikara Colt – “modern feeling”
– Mary Roos – “wahnsinn – was alles geht”
– Patricia Kaas – “herz eines kämpfers”
– Rooney – “i’m shakin'”
– Tears for Fears – “closest thing to heaven”
– Tele – “es kommt ein schiff”

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