charts-kritik: 11. mai 2007.

Tataaaa! Sie sind wieder da. Ich habe schon seit vielen Wochen überlegt, endlich wieder Charts-Kritiken zu schreiben und in der vergangenen Nacht hab ich es dann einfach getan. Ab sofort sollen sie wieder regelmäßig und möglichst aktuell am Ende der Woche erscheinen. Für alle, die neu dabei sind: Es geht um die Neueinsteiger der deutschen Singlecharts und darum, was ich von ihnen halte. Bevor es mit den aktuellen Charts von heute weitergeht, könnt ihr Euch in dieser YouTube-Playlist parallel alle 15 New Entries anschauen. Viel “Spaß”!
93: Gurkentruppe & Jan-Niklas – “wer hat am letzten spieltag nichts zu feiern?”

Da starte ich endlich wieder mit meinen Charts-Kritiken und dann kommt gleich zu Beginn eine solche Demütigung. Ein Anti-FC-Bayern-Song. Aber zum Glück en äußerst beschissener. Klingt, als würde Onkel Otto im Partykeller Karaoke singen. So kann die Wertung – nicht nur wegen der Demütigung, sondern vor allem wegen des musikalischen Niveaus – nur eine sein: 0 von 10 Punkten.

69: Travis – “closer”

Früher mochte ich Travis mal wirklich gern. Aber dann kamen nach und nach viel zu viele Bands, die solch melancholischen Indiepop spielten. Und spätestens als James Blunt auftauchte, war es zuviel mit all dieser gleich klingenden Musik. Nun sind Travis nach etwa vier Jahren wieder da. Die erste Single “closer” knüpft an alte Zeiten an – und wäre die oben beschriebene Entwicklung des Genres nicht gewesen, wäre ich wahrscheinlich komplett begeistert. Aber so richtig brilliant kann ich solche Musik momentan einfach nicht mehr finden. Dennoch: Besser als (fast) all der andere Chartskram ist der Song auf jeden Fall. 7 von 10 Punkten.

64: Just Jack – “starz in their eyes”

In England ein großer Hit, wird Just Jack schon als neuer Mike Skinner gefeiert. “starz in their eyes” klingt aber glatter, mainstreamiger als der The-Streets-Sound. Irgendwie sommerlich – und daher jetzt passend in Deutschland veröffentlicht. Der Song ist trotzdem irgendwie typisch englisch und geht auch halbwegs ins Ohr. 5 von 10 Punkten.

59: MIMS – “this is why i’m hot”

Bei Günther Jauch würde die Frage, aus welchem Genre wohl ein Song mit einem solchen Titel stammt nicht einmal für 50 Euro taugen. Klarer Fall: Dicke-Hose-Rap. Wer der Herr MIMS ist, interessiert mich nicht sonderlich, in den USA soll er wohl ein Shooting-Star sein. Sein Song ist okay, es gab schon wesentlich Schlimmeres in dem Genre, dennoch nervt eher gegen Ende zusehends mit seiner Eintönigkeit. 4 von 10 Punkten.

45: B-Tight – “ich bin’s”

Und dann gleich der neueste Emporkömmling aus der deutschen Rapper-Szene hinterher. B-Tight erzählt irgendwas von “ich bin ein ficker … kauft meine platte, ich brauch eure pappe” und allerlei sonstiges pübertäre Zeug. Vergiss es, Junge, vergiss es. 0 von 10 Punkten.

44: Hugh Grant – “pop! goes my heart”

Der Song von Hugh Grant macht wohl nur Sinn, wenn man den Hintergrund – sprich den Film “music & lyrics” (in Deutschland “mitten ins herz”) – kennt. Dort spielt Grant einen 80er-Popstar, der über die Dörfer tingelt. Und das macht er gar nicht mal schlecht. Und zu diesem Film gehört eben dieser Song. Allein das Video ist grandios authentisch – so als stamme es tatsächlich aus den 80ern. Aber auch der Sound, die Instrumentierung – ein kleines Imitations-Meisterwerk der 80er Jahre. Kennt man den Film nicht, nervt der Song natürlich ziemlich. Und so nebenbei mal anhören möchte ich ihn auch nicht wirklich. Aber als nachträgliches zeithistorisches Dokument ist er wirklich gelungen. Daher: 6 von 10 Punkten.

40: Pigloo – “der pinguin-rap”

So. Jetzt wird’s ganz übel. Bei dieser Single hoffe ich, dass ausschließlich Eltern mit Kindern unter 4 Jahren diesen Song gekauft haben. Ansonsten müsste ich ernsthaft am Geisteszustand der Personen zweifeln. Es handelt sich um einen unterirdisch nervigen Kinder-Rap, den eine beschissene Pinguin-Computeranimation zur Melodie des Ententanzes vorführt. In Frankreich war der Rotz sogar Nummer 1. Aber ich fang jetzt lieber nicht wieder mit dem Geisteszustand an. Sonst wird mir noch Ausländerfeindlichkeit vorgeworfen. Also: Bloß nicht anhören, dieses Ding! 0 von 10 Punkten.

39: Natasha Bedingfield – “i wanna have your babies”

Klang Frau Bedingfield eigentlich schon immer so wie eine schlechte Lily-Allen-Kopie? Egal. Dieses Lied ist zumindest ein sommerlich-irrelavantes Euro-RnB-Nümmerchen, das den Kopf zum Glück schnell wieder verlässt, ohne große Schäden anzurichten. 3 von 10 Punkten.

35: Sunrise Avenue – “forever yours”

Nachdem die erse Single “fairytale gone bad” ein Megahit war und sich (nach 37 Wochen!) immer noch auf Platz 24 der deutschen Charts befindet – und nachdem das Album der Finnen inzwischen Gold-Status erreicht hat – wofür immerhin noch 100.000 Platten verkauft werden müssen – war eigentlich völlig klar, dass auch die Nachfolgesingle hoch einsteigen wird. “forever yours” kann allerdings kaum halten, was “fairytale gone bad” versprochen hat. Ein müder, langweiliger Popsong ohne die Killermelodie des Vorgängers. Absolut nix Besonderes. 4 von 10 Punkten.

34: Wir sind Helden – “endlich ein grund zur panik”

Seit Wochen frage ich mich schon, was ich nun von diesem neuen Wir-sind-Helden-Werk halten soll. Auf der einen Seite dürfte “endlich ein grund zur panik” der seltsam-mittelmäßig-nervigste Song der Band seit Jahren sein. Auf der anderen Seite: Ist nicht gerade dieses Wir-schreiben-jetzt-einfach-mal-keinen-Megahit irgendwie sympathisch? Aber vielleicht können sie es ja auch einfach nicht mehr. Man weiß es nicht. Das Album kenne ich noch nicht, die Single allerdings mag ich nicht so richtig. Das zumindest wurde mir in den vergangenen Wochen klar. 5 von 10 Punkten.

29: Incubus – “love hurts”

Ach Gott, die Lieblingsband aller “Visions”-Abonnenten gibt’s auch immer noch. Seit dem genialen Clip zu “megalomaniac” – ich glaube das war 2004 – hab ich die überhaupt nicht mehr auf dem Schirm. War alles nur noch ziemlich belanglos, was danach kam. Immer irgendwie als wolle man besser als die Chili Peppers sein, es aber absolut nicht hinkriegen. “love hurts” ist so ein Schmuseding für US-Indie-Rocker – müssen die ja auch mal machen. Schmusen. Mich langweilt der Song nur. 4 von 10 Punkten.

27: Michael Wendler – “sie liebt den dj”

Ach du Scheiße. Ist schon wieder Mallorca-Zeit? Das ist ja Grau!En!Haft! Irgendein Schleimi singt einen Schlager, der früher selbst für die ZDF-Hitparade zu schlecht gewesen wäre. Wie kann solch ein Quatsch auf Platz 27 einsteigen? Allein das Video. Da wird einem doch ganz schlecht. Ach, ich denk zu viel nach. Die Menschheit ist nicht mehr zu retten, eindeutig. 0 von 10 Punkten.

21: Revolverheld – “ich werd’ die welt verändern”

War ja eine interessante Woche: Wir sind Helden vs. Revolverheld vs. Juli. Drei – zugegebenermaßen recht unterschiedliche – deutsche Bands im direkten Kampf gegeneinander. Die Nordlichter haben Platz 2 in diesem Dreikampf abbekommen. Ich persönlich konnte mit der Band noch nie etwas anfangen – zu glatt. “ich werd’ die welt verändern” ist ein ordentlicher Sommer-Popsong. Mehr nicht. Aber immerhin auch nicht weniger. 5 von 10 Punkten.

15: Juli – “zerrissen”

Bei Juli kommtes mir irgendwie so vor, als würden die ununterbrochen Platten veröffentlichen. Aber wahrscheinlich sind es nur de ganzen geschickt verteilten Singles pro Album, die dort auf den Markt geschmissen werden. Beim ersten Album waren es fünf und jetzt ist es die Dritte. “zerrissen” reiht sich in die langweilige Sunrise-Avenue-Incubus-Revolverheld-Pop-Schmalz-Woche ein. Ein Song, der okay ist, aber weitgehend kalt lässt und absolut kein Höhepunkt der Musikwelt ist. 5 von 10 Punkten.

08: Pink – “dear mr. president”

Ich mag ja Pink. Das muss ich hier einfach mal gestehen. Fast alle ihrer Singles sind gute Popsongs. Diese neueste Single geht einen anderen Weg, im Stil alter Folk-Protestsongs singt die einen Brief an George W. Bush, in dem sie ihn mit seiner Politik konfrontiert. Man mag ihr nun vorwerfen, sie springe damit nur auf einen Anti-Bush-Zug auf, wolle Geld mit diesem Trend verdienen. Ich nehm ihr den Song hundertprozentig ab. Ja, ich mag Pink. Und “dear mr. president”. 8 von 10 Punkten.

Die Top Ten vom 11. Mai 2007:
01 (02) DJ Ötzi & Nik P. – “ein stern (der…)”
02 (03) Nelly Furtado – “say it right”
03 (04) Timbaland/Nelly Furtado & Justin Timberlake – “give it …”
04 (01) Beyoncé & Shakira – “beautiful life”
05 (05) Ville Valo & Natalia Avelon – “summer wine”
06 (06) Avril Lavigne – “girlfriend”
07 (07) Mika – “grace kelly”
08 (—) Pink – “dear mr. president”
09 (10) Basshunter – “boten anna”
10 (08) Justin Timberlake – “what goes around … comes around”

Ebenfalls erschienen, aber gefloppt:
– Bela B. & Balzac – “der graf vs. horrorpunks”
– James Morrison – “the pieces don’t fit anymore”
– Klee – “dieser fehler”
– U.D.O. – “the wrong side of midnight”

11 Comments so far

  1. massenpublikum on May 11th, 2007

    Ich finde es toll, dass Du das wieder einführst. Ich hoffe, Du hälst durch. Kostet ja wahrscheinlich eine Menge Zeit. Und wohl noch mehr Nerven, so viel Mist hören zu müssen.

    Zu Music & Lyrics: Kannst Du mir erklären, wieso Haley Bennett ihren sensationellen Song “Buddha’s Delight” (das Video gibt es hier: http://www.massenpublikum.de/blog/?p=118) nicht als Single veröffentlichen darf?

  2. fu on May 11th, 2007

    prima sache. bist du extra in einen plattenladen gelaufen und hast dich da durchgequält?

  3. fu on May 11th, 2007

    ach, sehe gerade, das geht heutzutage alles per mausklick (btw: “per mausklick” ist als redewendung nach google verbreiteter als “per computer”)

  4. milhouse on May 11th, 2007

    Der Pinguin-Rap ist doch der gute alte Ententanz. Und wer den nie toll fand, war nie fünf. Und so lange junge Eltern ihren Kindern Original-CDs kaufen, während sie sich ihre eigenen Songs von Freunden brennen lassen, werden unsere Charts von soetwas dominiert werden.

  5. olsen on May 11th, 2007

    schöner eintrag. allerdings kann ich den vergleich zwischen incubus und den red hot chili peppers überhaupt nicht nachvollziehen. aber so sind sie halt, die geschmäcker.

  6. Ben on May 12th, 2007

    Jaaa. Hoffentlich wieder regelmäßig!

  7. Dittsche on May 12th, 2007

    @Platz 93: Soso, Bayern-Fan bist du also? Jetzt verstehe ich, warum du von dieser Bundesliga-Saison die Nase voll hast.;) Aber egal, Hauptsache die Entzugskur ist vorbei und es gibt endlich wieder Charts-Kritiken!

  8. Kommissario on May 12th, 2007

    Den Kaspern von Juli und Revolverheld genauso viele Punkte geben wie Wir Sind Helden? Irgendwas ist das übel falsch gelaufen.

  9. massenpublikum on May 12th, 2007

    Kommissario: Nein, vollkommen korrekt. Der Song der Helden ist einfach schlecht. Kann man doch ebenso beurteilen. Für meine Geschmack hat er noch zu viele Punkte bekommen.

  10. Dittsche on May 13th, 2007

    @massenpublikum: Sehe ich genau so. Es steht außer Frage, dass WSH ein großartige Band sind, aber ihr neues Werk ist trotzdem ziemlich schlecht und mit 5 Punkten noch sehr gut bedient. Im direkten Vergleich sind mir Juli oder Revolverheld sogar lieber.

  11. Flo on May 13th, 2007

    Endlich sind die Chartskritiken zurück, herzlichen Dank! :D

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