Eigentlich war der Abend anders geplant als allein vor dem Fernseher. Aber mein anscheinend McDonalds-geschädigter Magen hat mir einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht und so gab es nach einer ausgedehnten Runde Schlaf und etwas Tee das üble Prime-Time-Fernsehprogramm. Ein fettes Highlight hätte es gegeben, wenn ich die zweite, grandiose “24”-Staffel nicht schon kennen würde. Aber zurück zum Müll – hier sind die nächsten popkulturjunkie-TV-Neustart-Kritiken von sechs Sendungen, die heute und in den vergangenen Tagen gestartet sind. Eine immerhin ist ein absoluter Knaller, aber lest selbst:

“Mania” / RTL / Granada Produktion für Film und Fernsehen / dienstags, 20.15 Uhr – Start: 9. März 2004
Retroshow, Schema F: Man nehme irgendwas “Kultiges”, in diesem Fall “Dirty Dancing”, zeige alte Ausschnitte, lasse ein paar Promis Erinnerungen zum Besten geben, fertig ist die austauschbare RTL-Fließband-Ware. Einziger Unterschied bei “Mania” im Vergleich zu “80er-“, “70er-” oder sonstigen Shows: Viel Musik. Zweit-, dritt- und viertklassige Acts wie BecomeOne aus dieser RTL-II-Casting-Show, dessen Name mir schon entfallen ist, Gracia aus der ersten “Superstar”-Staffel und Michelle Hunziker (!) singen alte “Dirty Dancing”-Hits. Moderiert wird das alles von Dirk Bach und Barbara Schöneberger, die auch schon mal besser waren. Und die Produktion sieht auch irgendwie seltsam aus: Scheinwerfer, die mitten in der Moderation voll in die Kamera blenden, sollte es eigentlich beim professionellen Fernsehen nicht geben. Eine nur schwer erträgliche Show. 2 von 10 Punkten.

“Jagdpiloten – Fliegen am Limit” / arte / 2P2L / werktäglich, 20.15 Uhr – Start: 8. März 2004
Und noch eine dieser arte-Doku-Soaps. Wieder eine französische Produktion, wieder seltsam bis unerträglich synchronisiert, wieder mit billiger Optik. Es geht um ein die harte Ausbildung zum Jagdpiloten in Frankreich. Interessiert mich nicht. Überhaupt nicht. 3 von 10 Punkten.

“Klipp und klar” / rbb Fernsehen / dienstags, 20.15 Uhr – Start: 2. März 2004
Eine ziemlich uninspirierte neue Talkshow im neuen rbb Fernsehen. Ein Thema (diesmal: Rauchen), zwei Experten, die die Pro- und die Contra-Seite repräsentieren, dazu fünf “Normalbürger”, die ihren Senf dazugeben – u.a. ein Typ von der “Kampagne für Rechte der Nichtraucher” (die Menschen haben eindeutig zu viel Zeit…) und ein berlinerisch daherredender Raucher. Dabei kommen dann schöne Sätze wie “Für allet müssen die Autofahrer und die Raucher herhalten…”. Moderiert wird das alles von einem gewissen, etwas blassen, Andreas Schneider. Gäste, Thema, Moderator – alles passt so perfekt in ein Drittes Programm der ARD. Das Gute daran ist, dass es uns Gebürehnazhler wesentlich weniger kostet als irgendwelche Volksmusikshows mit Moderatorinnen, die dafür auch noch Millionen in ihren … gepumpt bekommen. Trotzdem gibt’s für diese altertümliche Sendung natürlich nur 3 von 10 Punkten.

“New Life – Mein neues Leben” / ProSieben / Constantin Entertainment / dienstags, 20.15 Uhr – Start: 2. März 2004
Eine Kopie einer RTL-II-Sendsung, die vor einiger Zeit lief und “Schwul macht cool” hieß. Beide Sendungen basieren auf dem US-Original “Queer eye for the straight guy”, das extrem erfolgreich ist. Inhalt: Babs Becker (die das ganz okay macht) und zwei Schwule (der eine von beiden völlig unerträglich) besuchen Frauen, möbeln deren Wohnung auf, verpassen ihr ein neues Styling und machen auch in der Liebe alles klar, indem sie einen neuen Typen für die Frau an Land ziehen oder das Verhältnis zum Ex wieder einrenken. Wenn das Leben doch so einfach wäre… Ist es aber nicht. Und die Sendung ist auch nicht wirklich gut. Vielleicht wäre es ganz nette Daytime-Unterhaltung für Arbeistlose und Hausfrauen oder eine Sendung für den Sonntagvorabend. Aber für die Prime Time ist das nichts. Schon gar nicht in etwas langatmigen 60 Minuten. 4 von 10 Punkten.

“Sie wollten Hitler töten” / ZDF / Loopfilm / dienstags, 20.15 Uhr – Start: 2. März 2004
Kennt man ja, diese Guido-Knopp-Produkte. “Hitles Helfer”, “Hitlers Frauen” und nun eben Hitlers Attentäter (auch wenn die Sendung etwas anders heißt). Die Machart ist dieselbe wie in den Knopp-Reihen der letzten Jahre. Historische Filmschnipsel, Berichte von Zeitzeugen, erzählt von einer ernsten Stimme. Das Thema ist allerdings äußerst interessant. Und auch wenn die Knopp-Sendungen alles etwas glatt, vereinfacht und detailarm erzählen, sind sie doch ein guter Ansatz, diesen wichtigen Teil der Geschichte einem größeren Publikum nahezubringen. 7 von 10 Punkten.

“Dittsche – Das wirklich wahre Leben” / WDR Fernsehen / Angenehme Unterhaltungs Gesellschaft / sonntags, 22.30 Uhr – Start: 29. Februar 2004
Wow. Das ist doch mal etwas wirklich richtig Gutes. Olli Dittrich in einer Paraderolle. Er ist “Dittsche”, ein Hamburger Loser, der anscheinend nichts anderes zu tun hat, als in seiner Stamm-Imbisbude rumzuhängen und deren Besitzer vollzulabern. Das Besondere an der Sendung: Sie ist tagesaktuell, läuft ohne Drehbuch ab, ist zu großen Teilen improvisiert. Olli Dittrich redet so abstruses Zeug (“Olli Kahn, unser Torwart-Titan hat Vogelgrippe”) und erklärt diese bizarren Gedankengänge bis ins kleinste Detail. Sicher nicht massenkompatibel, aber ein kleines Juwel für alle Freunde von etwas abseitigem Humor. 9 von 10 Punkten.

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