warum ich mir ein ipad kaufe, aber dennoch glaube, dass das ding der medienbranche nicht helfen wird.

Um es gleich vorweg zu sagen: Ich kaufe mir definitiv ein iPad und kann kaum abwarten, bis es endlich auf den Markt kommt. Bis zum iPhone besaß ich kein einziges Apple-Produkt, halte den Hype um die Firma auch jetzt noch für völlig bescheuert und finde die Entwicklung mit einem abgeschotteten, App-getriebenen Internet im Internet für falsch und gefährlich. Aber: Ich bin auch nur ein Konsument, der tolle Produkte mag. Und ich habe bis zum heutigen Tag noch kein Android-Telefon gesehen, dass annähernd an die Bedienungsfreundlichkeit des iPhones herankommt (Auch das Nexus One nicht). Und genau so wird es beim iPad sein.

Aus Konsumentensicht wird das iPad definitiv eine neue Stufe beim Nutzen eines Computer-ähnlichen Geräts werden. Nie war es so einfach und praktisch, auf der Couch liegend im Netz herumzuklicken, ein Spiel zu spielen oder ein Buch zu lesen. Notebooks und Netbooks sind immer noch zu unpraktisch, ein Smartphone zu klein. Dennoch glaube ich, dass der Hype, der in der Medienindustrie derzeit abgeht, völlig übertrieben ist. Das iPad wird der Branche keine gigantischen Umsätze bringen. Allerhöchstens einzelnen Objekten oder Unternehmen.

Ich gebe Scott Rosenberg zwar nicht in allen Punkten recht, wenn er den iPad-Hype mit dem CD-ROM-Hype der 90er vergleicht, doch in einem Punkt hat er recht: Der Erfolg der iPhone-Apps hat dramatisch damit zu tun, dass ein Telefon nunmal zu klein ist, um das “normale” Internet mit einem Browser zu nutzen. Diese Tatsache fällt beim iPad weg. Es wird durchaus groß genug sein, um mit einem Browser normale Websites zu lesen. Sämtliche (kostenlosen) Inhalte sind perfekt nutzbar. Diese Inhalte zusätzlich mit einer iPad-App (und gegen Bezahlung) zu verbreiten, sollten sich die Verlage und Medienunternehmen von vornherein sparen (Sie werden es sich natürlich dennoch tun!). Apps werden auf dem iPad viel viel unwichtiger sein als auf dem iPhone.

Dennoch sehe ich durchaus eine Chance, mit gewissen Inhalten Geld zu verdienen – auch als Paid Content und meinetwegen auch als App. Der Irrglaube vieler Medienunternehmen ist aber der, dass es ausreichen würde, Apps mit tollen Multimedia-Inhalten zu bauen und schon würden die Konsumenten für die Inhalte, die sie woanders umsonst bekommen, bezahlen wollen. Wenn ich von meinem Medienkonsum ausgehe (Ich gebe Unsummen für Zeitungen, Zeitschriften, Pay-TV, Musik, Filme, etc. aus), dann wäre ich genau dann bereit, für solche iPad-Inhalte zu zahlen, wenn sie mir etwas bieten, das ich woanders nicht umsonst bekomme. Wenn ich grandiose Autoren lesen möchte, eine besondere Herangehensweisen an Themen will, eine kluge Aufbereitung, dann zahle ich gern. Aber sicher nicht für die normalen (Agentur-)Nachrichten, die ich an jeder Ecke bekomme, auch wenn sie hübsch fürs iPad aufbereitet wurden.

Wie an das Album in der Musik glaube ich im Gegensatz zu vielen anderen auch noch an das Magazin oder die Zeitung im Journalismus, also eine Auswahl von Inhalten, die talentierte und kluge Leute mir zusammenstellen. Diese Auswahl muss nicht auf Papier stattfinden, sie kann auch gern als elektronisches Paket auf meinem Gerät landen. Das Argument, man würde durch Aggregatoren und seine Peergroup via Twitter oder Facebook doch auf sämtliche Inhalte, die einen interessieren, stoßen, halte ich für falsch. Wenn ich die “F.A.S.”, ein Magazin wie “Wired”, “brand eins” oder meinetwegen auch den “Spiegel” lese, werde ich immer wieder auf Themen gestoßen, die ich im Netz nie angeklickt hätte, weil sie mich theoretisch nicht interessiert hätten. Dadurch, dass sie in einer Zeitung oder einem Magazin erscheinen, stoße ich beim Durchblättern automatisch auf sie und bleibe womöglich hängen. Ich erweitere meinen Horizont, werde inspiriert. Daher glaube ich durchaus auch daran, dass iPad-Versionen von Magazinen eine Chance haben. Sei es als App, die das Gerät perfekt nutzt oder nur als aufgepepptes PDF.

Das Problem an der Sache ist aber, dass die meisten Medien mir diese Überraschungsmomente, die Inspiration und vor allem die tollen Autoren nicht bieten. Sie investieren lieber in eine überflüssige iPad-App, statt in das, was viel wichtiger wäre: guten Journalismus. Ich werde sicher nicht für eine App mit überraschungsfreien Nachrichten vom Tage bezahlen.

Und das noch größere Problem: Ich bin Medienjunkie und damit nicht repräsentativ für die Masse. Und genau dieser Masse sind gute Autoren und ungewöhnliche Themen womöglich vollkommen egal. Sie kaufen sich das iPad, um zu spielen, in sozialen Netzwerken herumzulungern und sicher nicht, um viel Geld für Medien-Apps zu bezahlen.

5 Comments so far

  1. […] begreife es einfach nicht. Was will man mit einem iPad? Das Ding ist zu unhandlich, um es in der Tasche mit sich herumzutragen, aber es fehlen die […]

  2. jovelstefan on March 31st, 2010

    Ich stimme dir zu, die Apps boomen nur so sehr auf den Smartphones, weil das “normale” Internet nur bedingt funktioniert. -> Daher braucht es eigentlich keine Apps, die den im WWW verfügbaren Content passend aufbereitet.

    Allerdings, und das wird mMn extrem unterschätzt: Das Fehlen von Flash nimmt einem schon verdammt viel vom Surfvergnügen. Die blauen Legosteine nerven ja schon auf dem iPhone tierisch.

  3. Airo on April 4th, 2010

    Warum sollte das iPad auch der Medienbranche helfen? Ist es denn überhaupt als Medienretter angepriesen worden? Der Bookstore ist nur die konsequente Erweiterung von iTunes und dient lediglich dazu Kunden von Amazon zu gewinnen.
    Traurig finde ich lediglich, daß die Idee schon alt ist aber nur Apple es wohl schafft ein benutzbares Gerät zu entwickeln.

  4. Thomas on April 11th, 2010

    Die Punkte, die Ben Long bei Macworld anspricht haben mich nachdenklick gestimmt. Definitiv für mich kein iPad ohne Multitasking und beim Gewicht sollte auch noch was passieren: http://www.macworld.com/article/150474/2010/04/ipad_not_for_everyone.html?lsrc=twt_macworld

  5. Raventhird on April 12th, 2010

    “Es wird durchaus groß genug sein, um mit einem Browser normale Websites zu lesen. Sämtliche (kostenlosen) Inhalte sind perfekt nutzbar.”

    …bis auf jeglichen Videocontent und alles, was sonst noch mit Flash läuft.

Leave a Reply