Es fehlen noch ein paar Worte zur letzten Woche. Zum Mittwoch und Donnerstag der Woche. 2 Konzerte in 24 Stunden. 2 Konzerte, die unterschiedlicher nicht hätten sein können. Am Mittwoch Naked Lunch im Heidelberger Karlstorbahnhof, am Donnerstag Mia. im Heidelberger Schwimmbad-Musik-Club.
Zunächst der Mittwoch. Nachdem ich es geschafft hatte, rechtzeitig aus dem Büro zu kommen, stand ich pünktlich im mit Grablichtern geschmückten Karlstorbahnhof und bekam die letzten Minuten des Länderspiel-Fiaskos in Rumänien mit, dass auf einer Leinwand übertragen wurde – und das der Naked-Lunch-Sänger (Österreicher!) später mit den Worten würdigen sollte: “Ein historischer Tag. Und ich war dabei!” Der Karlstorbahnhof war leider recht leer. Außer mir waren nur etwa weitere 80 Leute da. Wie schade! Sollten doch alle anderen ein grandioses Konzert verpassen. Zunächst betrat ein sehr sehr seltsamer Mensch die Bühne. Ich glaube, sein Name war Sir Trallala (kein Scherz!). Er war barfuß, hatte lange lockige Haare, einen Vollbart und war wie gesagt sehr sehr seltsam. Aber talentiert. Er stand da, klickte ab und zu auf sein Windows-Laptop und sang zu der Musik, die dort rauskam. Das Publikum saß zu weiten Teilen, lauschte andächtig und hatte durchaus Spaß mit diesem skurilen Menschen. Das Konzert war sogar interaktiv, der Herr (übrigens auch ein Österreicher – der nun erstmals im Ausland präsentiert wurde) verloste nämlich CDs für diejenigen, die zwei Cover-Versionen zuerst errieten. Dann schließlich waren Naked Lunch da. Die Band, deren depressives Elektro-Rock-Album mich zu Beginn des Jahres sehr beeindruckt hatte. Aus genau diesem Album (“songs for the exhausted“) bestand das eigentliche Set des Konzertes. In der Original-Reihenfolge (“anders geht’s halt nicht”). Musikalisch absolut brillant, härter und rockiger als auf CD, was den ein oder anderen Besucher enttäuscht fragen ließ, was das denn mit The Notwist zu tun hätte, wie doch im Ankündigungstext stand. Meiner Meinung nach, gehörte das, was Naked Lunch da auf der Bühne boten, musikalisch zum Besten, was ich je live gesehen habe. In den Zugaben gab es dann auch noch ein paar ältere, schnellere Songs von den früheren Alben. Ein runder Abend also. Und alle, die Naked Lunch noch sehen werden (z.B. bei Immergut), können sich schonmal freuen.
Dann der Donnerstag. Mia. Ein Konzert, zu dem ich allein nicht gegangen wäre, in Gesellschaft aber durchaus. Völlig unverständlicherweise gab es keinen Vorverkauf für das Konzert, sodass wir uns erstmal in eine laaaange Schlange einreihen durften, um an Karten zu kommen. Schließlich im Gebäude, ein Bier und ein paar viel zu knusprige Pommes im Magen, ging es los. Zuerst stand Toni Kater auf dem Programm, die Berliner Elektro-Pop-Frau aus dem Hause 2Raumwohnung. Sehr nett anzuschauen und sehr nett zuzuhören. Etwas schüchtern war sie, aber sie hat es sehr nett gemacht. Ein paar Ohrwürmer, ein paar mittelmäßige Stücke, aber ein gelungenes Vorprogramm für Mia. Die kamen dann und der Konzertraum war sofort auf 180. Eine Riesenparty sollte beginnen. Mit viel zu enger Enge vor der Bühne, mit vielen Kids, die viele Songs von vorn bis hinten mitsangen und mit einer Sängerin Mieze, die alles gab. Das Konzert, durchaus unterhaltsam, hatte aber zwei Probleme: Erstens die Räumlichkeiten. Der Schwimmbad-Musik-Club ist ab bestimmten Menschenmengen definitiv nicht für Konzerte geeignet. Es gibt in dem Konzertraum mittendrin eine Wand. Und diese Wand führt dazu, dass es vor der Bühne viel zu eng ist und neben der Wand sehr viel Platz verschenkt wird, weil man nunmal nichts sieht, wenn man direkt neben ihr steht. Das zweite Problem war die Setlist. Die Band spielte all ihre “Hits” bis etwa zur Mitte des Konzerts und kam danach nur mit schwachen, vor sich hinplätschernden Songs, sodass es gegen Ende recht langweilig wurde. Auch das Publikum war (wie zu erwarten) etwas seltsam: viele Kids, viele Dorfprolls und dazu ein paar Hemdträger, die definitiv entweder direkt von ihrer BWL-Vorlesung oder aus ihrem Verbindungshaus gekommen waren. Schlecht war der Abend nicht, für Kids die viel Spaß haben wollen, ist ein Mia.-Konzert genau das Richtige, Freunde ernstzunehmender Musik gehen aber lieber zu Bands wie Naked Lunch.