Neue Woche, neue Charts, neue New-Entries, neue popkulturjunkie-Kritiken. Hier sind die Einsteiger in die deutschen Singlecharts vom 4. Oktober 2004:

92: Michael Kleitmann & The Scorpions – “you are the champion”
Was ist schlimmer? Dass es die Scorpions noch gibt? Dass sie eine Platte mit einem so genannten Poptenor namens Kleitmann aufnehmen? Dass diese Platte eine “Hommage an Michael Schumacher” ist? Dass sie eine schlimme Coverversion des ohnehin seit Jahren unhörbaren Queen-Stücks “we are the champions” ist? Das ist alles so schlimm. So so so schlimm. 0 von 10 Punkten.

87: Angelzoom – “fairyland”
Angelzoom, das ist Claudia Uhle, die Sängerin der Band X-Perience, die von Mitte der 90er bis Anfang der 00er ein paar echt schöne Songs veröfentlicht hat. “a neverending dream” zum Beispiel. Traumhaft schöner Pop ohne Ecken und Kanten. Nun macht sie’s solo: “fairyland” ist die erste Single eines Albums, auf dem leider auch Leute wie Joachim Witt und Apocalyptica vertreten sind. Auf “fairyland” zwar nicht, dennoch ist der Song relativ langweilig. Man fühlt sich dank der Stimme von Frau Uhle sofort an X-Perience erinnert, doch die absolute Killer-Melodie fehlt. 3 von 10 Punkten.

85: Bomfunk MC’s – “no way hell”
Hat jemand die finnischen Bomfunk MC’s vermisst? Nicht wirklich, oder? Seit dem Hit “freestylers” gab’s keinen Erfolg mehr für sie. Und warum, hört man in “no way hell”. Mit Breakbeats, Gerappe und Rumgescratche versehene, undefinierbare Tanzmusik, die peinlich klingt und weit weg davon ist, “cool” zu sein. Sie sind und bleiben nunmal ein One-Hit-Wonder, die Bomfunk MC’s. 1 von 10 Punkten.

76: Wonderwall – “touch the sky”
Apropos One-Hit-Wonder. Wonderwall hatten auch mal einen großen Hit, den schmalzigen, aber gar nicht so schlechten Hit “just more”. Mittlerweile sind sie nur noch zu zweit. “touch the sky” ist ähnlich schmalziger Romantik-Pop, nur ohne Orhwurm-Qualitäten. In die Charts gekommen ist er wohl, weil er die Titelmelodie zum Zeichentrickfilm “Lauras Stern” ist. Für mehr als Platz 76 wird’s für Wonderwall aber wohl nicht mehr reichen. 2 von 10 Punkten.

71: Sugababes – “caught in a moment”
Was haben die Sugababes mal für coole Musik gemacht. Und was machen die Sugababes mittlerweile für uncoole Musik. “caught in a moment”, ein langweiliger, belangloser Schlager. 1 von 10 Punkten.

64: Martin Kesici – “egotrippin'”
Oh, den Herrn Kesici gibt’s auch noch. Und er steigt immer noch in die Charts ein. Das hat der Gewinner der ersten “Star Search”-Staffel seiner Nachfolgerin voraus. Diesmal versucht der einzige Casting-Show-Rocker es wieder mit einer Ballade. Die kommen ja auch am besten an in der Zielgruppe. Spannend ist der Song nicht wirklich. Und die Melodie: die ist so geklaut. Wenn ich bloß drauf käme, woher ich die kenne… 2 von 10 Punkten.

60: Lucy Diakovska – “where”
Der nächste No-Angel auf Solo-Pfaden. Lucy hat mal schnell einen Song für die deutsche version des Kinofilms “Zwei Brüder” geschrieben und ihn veröffentlicht. Sehr sommerlich klingt er, etwas altbacken, schlageresk, ihre Stimme nervt ab und zu ein bisschen, aber hörbar ist er trotzdem einigermaßen. 3 von 10 Punkten.

54: Terror Squad feat. Fat Joe – “lean back”
Mal ehrlich: Wer kann denn solche Musik, in der eine Horde Rapper ohne Melodie und weitgehend auch ohne Rhythmus daherplappert und zwischendurch immer wieder unmotiviert “lean back” ins Mikrofon stöhnt, wirklich hören? Solche Platten kann man doch nur kaufen, wenn man sie in der Öffentlichkeit – vielleicht im Auto mit offener Fensterscheibe – hören will, um auf dicke Hose zu machen. 1 von 10 Punkten.

43: Zoe – “rock steady”
Was ist das denn? Wer hat die Frau denn gehypet, damit sie auf Platz 43 einsteigt? Reggae aus München. Ungewöhnlich. Gewöhnungsbedürftig. Klingt irgendwie sehr altmodisch, ein paar Jahrzehnte alt. Reggae-Freunde können sich das ja mal anhören, aber für mich ist das definitiv gar nichts. 1 von 10 Punkten.

33: Marianne Rosenberg – “marleen”
Deutschlands Schwule atmen auf! Marianne Rosenberg ist wieder da! Endlich kann man wieder andere schwulstige Musik als die von Rosenstolz hören. Und zum Neustart ihrer Karriere hat sie erstmal ihren Klassiker “marleen” etwas aufgepeppt und modernisiert. Hätte nicht sein müssen, finde ich. Klang früher schon schlecht genug. Und jetzt mit lachhaftem Drumcomputer und anderen Instrumenten-Imitaten, gepaart mit einer versuchten Rap(!)-Einlage. Immer an der Grenze zur absoluten Peinlichkeit. Fragt sich nur, auf welcher Seite der Grenze. Wobei: Eigentlich fragt sich das überhaupt nicht. 1 von 10 Punkten.

31: Oomph! – “sex hat keine macht”
Deutschlands schlimme Nu-Metal-Crossover-Band mit einer neuen Single. Indiskutable kommerziell-heftige Musik für alle Pubertäts-Revoluzzer. Nicht gut. 1 von 10 Punkten.

28: Green Day – “american idiot”
Dann sollten sich doch alle Pubertäts-Revoluzzer liebe richtige Musik kaufen. Green Day zum Beispiel. Die Band nämlich, die eben nicht das getan hat, was doch so einfach wäre und was so viele andere Bands machen. Sie hätten nach “dookie” einfach noch ganz viele Platten mit tollen, eingängigen, kurzen Punkrock-Stückchen veröffentlichen können. Haben sie aber nicht wirklich. Das neue Album zum Beispiel, die wohl erste Punkrock-Oper, mit zwei 9-Minuten-Stücken. Großer Sport, zum Teil auch noch größerer Sport als die Auskopplung, die nun in die Charts eingestiegen ist. Für die gibt’s aber auch schonmal 7 von 10 Punkten.

23: De Randfichten – “de lustigen holzhackerleit”
Hiiiiiiiiiiiiiiiiiiiilfe! Die Deppen mit dem Holzmichl, der nach 34 Wochen immer noch auf Platz 4 der Charts liegt, haben eine zweite Single platziert. Eine Coverversion vom “holzhackerbuam”-Scheiß. Völligst überflüssige Verschwendung von Ressourcen. Und Musik, die definitiv Ohrenkrebs auslöst, wenn man sie nicht nach 10 Sekunden wieder abstellt. 0 von 10 Punkten.

11: Marilyn Manson – “personal jesus”
Onkel Manson ist wieder da. Wie so viele andere auch, veröffentlicht er nun, da es langsam auf Weihnachten zugeht, ein Best-of-Album. Und damit da auch was “Neues” drauf ist, gibt’s eine Coverversion des Depeche-Mode-Klassikers. Leider hat Manson “personal jesus” aber nur relativ uninspiriert nachgesungen ohne radikal neue Ideen einzubringen. Schade. 5 von 10 Punkten.

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