Archive for April, 2003

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Letzte Woche noch auf dem Cover des “NME“, diese Woche live in Heidelberg. Vorbildlich eigentlich. Es geht übrigens um Interpol, die dunkle Seite von New York. Ein Pflichttermin für den popkulturjunkie. Schließlich ist das aktuelle Album der Band, “Turn on the bright Lights” absolut hörenswert. Zwar werden Inteprol immer wieder mit Joy Division verglichen, aber irgendwie anders sind sie schon. Aber zumindest von der Stimmung der Musik passt der Vergleich recht gut. Zurück zum Konzert: Als Support spielten die extremst seltsamen British Sea Power. Von der Musik her halbwegs passend, von den Typen eher nicht. Interpol wurde vom “NME” vor kurzem als “best dressed band” bezeichnet – British Sea Power auf der anderen Seite stecken sich schonmal gern Zweige in die Haare und stellen Plastik-Tiere auf die Bühne. Ich würde gern wissen, welche Drogen British Sea Power nehmen – denn die Drogen will ich dann lieber nicht. Die Musik war ansonsten ganz okay, aber als das Aufatmen kam, weil “This is our last song” durch die Mikrophone dröhnte, konnte ja niemand ahnen, dass das Konzert erst halb rum war. Es folgte nämlich noch ca. 20 Minuten langer epischer Lärm. Als dann das ganze Grünzeug und die Plastik-Vögel von der Bühne geräumt waren und Interpol erschienen, kam dann endlich die wirklich gute Musik. Etwas schüchtern waren sie, dabei ziemlich cool. Und gut haben sie gespielt. Zwar nicht wirklich lang, aber sie haben ja auch erst ein Album veröffentlicht, also sei es ihnen verziehen. Sehr talentierter Sänger vor allem (auch wenn seine Stimme nicht jedem gefällt). Übrigens gibt’s den Interpol-Hit “PDA” kostenlos zum Download. Und zwar hier Und den Clip gibt`s hier. Und bevor ich’s vergesse: für das Konzert gibt’s von mir 7 von 10 Punkten.

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Und noch eine Plattenkritik. Und wieder ein Hammeralbum. Und das neue Cardigans-Album ist wirklich ein Hammer. Die Cardigans hab ich immer ganz nett gefunden, aber eben auch nicht besser als “ganz nett”. Und jetzt das! “Long gone before Daylight” heißt es und steckt so voller wunderschöner, positiver Melancholie, dass man als Melodie-Fetischist fast weinen möchte vor Glück. Alte Cardigans-Freunde, die wieder ein Album erwarten, dass schöne Nebenbei-Musik für ein Sonntags-Frühstück bietet, werden enttäuscht sein: “Long gone before Daylight” ist anders. Besser. Viel besser. Und auch Leute, die angesichts der angekündigten Unterstützung durch Howlin’ Pelle Almqvist (The Hives), Ebbot Lundberg (The Soundtrack Of Our Lives) und Nick Royale (The Hellacopters) einen Rock-Kracher erwartet haben, müssen umdenken: Von den dreien merkt man nichts. Oder im Falle dieses grandiosen Meisterwerkes besser formuliert: Sie stören zum Glück nicht. Schon der erste Track: “Communication“: der Liebeskummer-Song aller Liebeskummer-Songs. Oder das epische 6-Minuten-Stück “and then you kissed me“. Oder das etwas an die großartige Aimee Mann erinnernde “Please Sister” (übrigens mein absoluter Favorit auf diesem Album). Ganz zu schweigen vom letzten Track “No Sleep“, deren schön-trauriger Text einer Legende nach von einer betrunkenen Nina Persson geschrieben wurde, nachdem sie nicht schlafen konnte und daher eine Flasche Wein getrunken hatte. Aber auch alle anderen Tracks sind Weltklasse. Nicht eines der Stücke ist auch nur halbwegs schwach. Wirklich! Oder wie es Uwe Viehmann in der aktuellen “Spex“-Ausgabe nicht besser hätte zu Papier bringen können: “Die Cardigans sind auf einer neuen Ebene angelangt, wo Kerzenschein den strahlenden Glanz des Sonnenlichts ersetzt.” Der popkulturjunkie schweigt jetzt, zündet sich eine Kerze an, hört die Cardigans und gibt vorher noch schnell die Höchstwertung: 10 von 10 Punkte für dieses Meisterwerk.

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Jetzt wird’s aber wirklich mal Zeit für meine Kritik zum Placebo-Album “Sleeping with Ghosts“. Schon 7 Tage auf dem Markt. Als großer Fan einer Band hat man natürlich immer Angst, dass das neue Album nicht so gut wird, wie man hofft. In diesem Fall eine völlig unbegründete Angst. Schon das instrumentale Intro “Bulletproof Cupid” ist ein absoluter Hammer. Kraftvoller kann ein Comeback nach zwei Jahren Schaffenspause gar nicht zelebriert werden. Was folgt ist eine Mischung aus langsamen und schnellen Stücken, die in extrem schöne Melodien schwelgen. Produzent Jim Abbiss hat für eine leicht elektronische Untermalung des Ganzen gesorgt, ohne den Rock rauszuproduzieren. Einzelne Tracks herauszuheben fällt schwer. Dennoch: Absolute Highlights des Albums sind neben der ersten Single “The Bitter End” der wunderschöne Titeltrack “Sleeping with Ghosts” mit der kaum zu toppenden Textzeile “Soulmates never die”, das kaum weniger schöne “Special Needs” und das ungewöhnliche “Plasticine“. Da mögen Kritiker noch so oft ihre Enttäuschung darüber bekanntgeben, Placebo hätten sich nicht weiterentwickelt. So fucking what ?!? Wenn eine Band gute Musik macht, warum soll sie sich dann “weiterentwickeln” und schlechte Musik machen? Placebo ist Placebo ist Placebo. Auch im Jahr 2003. Einziger Schwachpunkt des Werks: der seltsame Fremdkörper “Something rotten“, der wohl besser als B-Seite einer Maxi veröffentlicht worden wäre als den Fluss des Albums zu stören. Apropos B-Seiten: Auf den beidenBitter End“-Maxis gibt’s deren 4: Neben der in deutschen Ohren sehr befremdlichen “Daddy Cool”-Coverversion und der bereits bekannten Piano-Version von “Teenage Angst” sind das die beiden etwas elektronischeren Tracks “Drink you pretty” und “Evalia”. Keine Musik-Neu-Erfindungen, aber für Fans absolut wichtige Stücke in der kompletten Placebo-Sammlung. popkulturjunkie-Wertung für “Sleeping with Ghosts“: 9,5 von 10 Punkten.

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