charts (2005-02-14).

Und schnell noch die allerneuesten Chart-New-Entries hinterhergeliefert. Mittlerweile sind bzw. waren 10 der 16 “Bundesvision Song Contest”-Songs in den Charts. Singles wie “emanuela” von Fettes Brot werden unweigerlich folgen. So viel zum Thema “Die Macht des Stefan Raab”. Außerdem mit dabei: Ganz ganz schlimme Ressourcenverschwendungen aus Österreich. Hier sind die 18 (!) Neu-Einsteiger der deutschen Singlecharts vom 14. Februar 2005:

100: Hanson – “penny and me”
Die Hansons sind wieder da! Nach fast 5 Jahren steigen sie mal wieder in die Charts ein. Wir erinnern uns: 1997 hatten sie einen Megahit mit dem schlimmen “mmm bop”. Danach war nur noch fragmentarisch etwas von ihnen zu hören. Und jetzt sind sie wieder da. Aber: Hatte ich nicht irgendwie beiläufig gehört, sie hätten sich so toll weiterentwickelt, würden erwachsenere Musik machen? Das hier klingt aber nicht danach: Belangloser Pop, der klingt, als wäre er eine amerikanische Version der Kelly Family. Völlig überflüssig, dieses Comeback. 1 von 10 Punkten.

99: Hoobastank – “disappear”
Die Pseudo-Band Nummer 1. Hoobastank spielen das nach, was Bands wie Soundgarden oder Pearl Jam schon vor 10 Jahren viel besser hingekriegt haben. Und stehen dabei in einer Reihe mit Bands wie Nickelback, Puddle of Mudd, Creed und Staind. Völlig unkreativer, kommerzieller Post-Grunge ohne Substanz. 1 von 10 Punkten.

88: Jimmy Somerville – “ain’t no mountain high enough”
Noch so eine Art Comeback. Jimmy Somerville hatte seine letzte Top-100-Platzierung vor fast 5 Jahren, sein größter Solo-Hit liegt allerdings schon etwa 15 Jahre zurück. Bekannt ist er wohl immer noch vor allem durch sein Mitwirken bei Bands wie den Communards und Bronski Beat. Die erste Single seines neuen Albums ist eine Coverversion. “ain’t no mountain high enough” stammt aus dem Jahr 1967, wurde damals von Marvin Gaye und Tammi Terrell gesungen. Gecovert wurde es danach sehr oft. Zuletzt von der Hermes House Band im vorigen Jahr. Besser als die Hermes-House-Band-Version ist Somervilles “ain’t no mountain high enough” allemal, aber an richtigen Ideen fehlt es ihm trotzdem. Letztlich klingt der Song einfach nur so, wie Somervilles Musik immer klang. Einzig die Beats zeugen davon, dass der Song eben nicht aus den 80ern stammt, sondern aus dem Jahr 2005. 3 von 10 Punkten.

87: A klana Indiana – “uiii tuat das weh!”
So. Kommen wir zu den letzten Karneval-Nachwehen. Oder sind’s etwa die ersten Ballermann-Vorwehen? A klana Indiana kommen aus demselben Stall wie DJ Ötzi und Antonia. Man glaubt es kaum, aber sie schaffen es spielend, das Niveau von DJ Ötzi bei weitem zu unterbieten. Irgendein Typ, für den sich ganz Österreich schämen sollte, brabbelt was von “a klana indiana, a dicka fetta blada, der spielt mit pfeil und bogen und schiaßt sich in den hoden” und dazu gibt es Musik auf dem technischen Stand von 1994 (“eins, zwei, polizei”). Ganz ganz schlimmer, auf CD gepresster Dreck. 0 von 10 Punkten.

84: Clueso – “kein bock zu gehn”
Herr Clueso ist einer der ganz klaren Profiteure vom “Bundesvision Song Contest”. Ohne Stefan Raab hätte er wohl nur einen Bruchteil der Platten verkauft, die ihn nun in die Charts befördert haben. Zur Musik: eine ausgeruhte, smoothe Mischung aus Barmusik und Sprechgesang. Durchaus hörbar, aber meiner Meinung nach nichts Besonderes. Musik für die Max-Mutzke-Zielgruppe. 3 von 10 Punkten.

70: Adam Green – “emily”
Adam Green. Neben Bright Eyes der große Hype der vergangenen Wochen bei Deutschlands Musikkritikern. Meine Musik ist es nicht mehr wirklich. Die letzte Platte hat mir ganz gut gefallen, aber die neue finde ich irgendwie zu albern. “emily”, ein inoffizielles, sehr wahrscheinlch ungewolltes Cover des Torfrock-Verbrechens “beinhart wie’n rocker”, plätschert so vor sich hin, ist ein perfekter Song für Karaoke-Etablissements und wird schnell wieder vergessen sein. Im Vergleich zum üblichen Charts-Rotz ist es aber natürlich immer noch eine andere, bessere Welt. 6 von 10 Punkten.

69: Uptop – “out of touch”
Noch eine Coverversion. Diesmal eine offizielle. “out of touch” stammt von Hall & Oates aus dem Jahr 1984. Ein paar Frankfurter Dance-Produzenten haben sich den Song vorgenommen und 2005-Disco-kompatibel gemacht. Vom Stil erinnert es an Leute wie Eric Prydz. Kein Wunder also, dass es in die Charts eingestiegen ist. 4 von 10 Punkten.

55: Heiko & Maiko – “glücklich”
So können ja eigentlich nur Ossis heißen. Heiko & Maiko sind anscheinend zwei Radio-Moderatoren, die an Wochenenden live aus der Großraumdisco eine Sendung beim mdr-Kanal Jump präsentieren. Der Song, den sie hier aufgenommen haben, wäre gar nicht so übel, wäre er instrumental. Man hat sich die eingängige Melodie von irgendeinem 90er-Jahre-Dance-Stück “geliehen”, plappert dann aber in einer Rammstein-Tonalität flache Sätze wie “ich fahre auf der autobahn. und höre mir die musik an. die melodie gefällt mir sehr. mein gasfuß, der wird mächtig schwer” darüber. Schade, hätte ein schönes Stück werden können. 2 von 10 Punkten.

54: Hammerfall – “blood bound”
Und dann wieser sowas. Ich frage mich, wer diesen Old-Old-Oldschool-Metal-Kram im Jahr 2005 noch hört. Hammerfall machen Musik, die klingt als käme sie aus einer Zeit als Bands wie Helloween noch Top-10-Hits hatten, also 1988. Ich habe an anderen Stellen schon erwähnt, dass ich damals ein großer Fan von solchem Power-Metal war. Aber irgendwie klingt dieser Hammerfall-Song einfach 15-20 Jahre alt. Gibt’s noch so viele Metal-Fans auf den Dörfern oder hab ich was verpasst? 1 von 10 Punkten.

47: Mousse T feat. Emma Lanford – “right about now”
Der nächste “Bundesvision Song Contest”-Teilnehmer. Hannovers Stolz Mousse T hat einen seiner typischen Songs komponiert bzw. programmiert und lässt Emma Lanford drübersingen, die auch schon bei weitaus gelungeneren Tracks wie “is it ‘cos i’m cool?” dabei war. An “right now” stört mich aber vor allem Lanfords Stimme. Insgesamt ist aber auch der Song zu einfallslos. 3 von 10 Punkten.

44: De Randfichten – “jetzt geht die party richtig los”
Zu diesem Scheiß ist schon alles gesagt. Wer unter 70 ist und allen Ernstes solche Musik hört, sollte sich schämen. 0 von 10 Punkten.

41: The Disco Boys / Manfred Mann’s Earth Band – “for you”
Das hier ist etwas sehr Skurriles. Die Disco Boys covern gemeinsam mit Manfred Mann’s Earth Band einen alten Bruce-Springsteen-Song. Wie es dazu gekommen ist, weiß ich absolut nicht, zumal die Disco Boys auch schonmal gemeinsam mit Roberto Blanco “born to be alive” gecovert haben. Im Vergleich dazu ist dieser Song eine Offenbarung. Nette an Eric Prydz und Co. angelehnte House-Beats, mittendrin dann ein Break, in dem Manfred Mann singt und schließlich Mann und Beats gemeinsam. Hätte wirklich ein Sommerhit werden können, wenn er nicht schon im Februar erschienen wäre. 4 von 10 Punkten.

40: DJ Ötzi – “servus die wadln”
Ötzi singt zur Melodie von “guantanamera” “i hob ka geld aufm konto. des is den frauen egal. sie schaun mir nur auf die wadln. und die san phänomenal.” Muss ich noch mehr sagen? 0 von 10 Punkten.

29: Bushido feat. Cassandra Steen – “hoffnung stirbt zuletzt”
Sowas mag ich ja gar nicht. Wenn Melodien von absolut großartigen Songs geklaut werden und für schlimmen Mist verwendet werden. In diesem deutschen Hip-Hop-Epos läuft im Hintergrund eine Melodie, die 1:1 aus dem Sophia-Stück “directionless” stammt (zu hören auch in weiten Teilen des Films “Absolute Giganten”). Im Vergleich zu anderem deutschen Hip-Hop-Kram wäre der Song sogar noch zu ertragen. Aber wenn während der gesamten 6 Minuten diese geniale Melodie im Hintergrund läuft, muss ich einfach abschalten, weil ich mir den Original-Song nicht versauen will. 1 von 10 Punkten.

20: Gracia – “run & hide”
Oh. Eine Ãœberlebende des Casting-Show-Aufstieg-und-Falls. Gracia macht einen auf Jeanette Biedermann und singt belanglosen Kram zu 90er-Jahren-Pop-Melodien. 1 von 10 Punkten.

19: Martin Kesici with Tarja Turunen – “leaving you for me”
Und noch einer der eben beschriebenden Überlebenden. Wann kommt eigentlich mal Neues von Alexander Klavs? Und macht diese Elli eigentlich noch Musik? Man weiß es nicht. Herr Kesici hat sich für seine neue Single auf jeden Fall mit Tarja Turunen zusammengetan, Sängerin der finnischen Gothic-Pop-Metal-Band Nightwish. Wahrscheinlich hat er sich gedacht, was Nu Pagadi können, kann ich auch. Hat ja auch geklappt, Platz 19 ist die Belohnung. Halbwegs okay, der Song, ohne Kesici wäre er wahrscheinlich noch besser. 3 von 10 Punkten.

18: Lukas Hilbert – “kommt meine liebe nicht bei dir an”
Und übergangslos kommen wir zum Nu-Pagadi-Erbauer. Lukas Hilbert krächzt mit seiner Kermit-Stimme einen vorhersehbaren Schmalz-Song mit der Frau, die er beim “Popstars”-Casting aufgerissen hat. So richtig verstehe ich immer noch nicht, warum Hilbert mit diesem Song im “Bundesvision Song Contest” nicht weiter vorne gelandet ist. Kann eigentlich nur daran liegen, dass die Telefon-Abstimmung so spät war, dass die ganzen kleinen Mädchen schon im Bett waren. 1 von 10 Punkten.

17: Within Temptation – “memories”
Und ein Platz weiter oben schließt sich der Kreis. Nach einem weiteren Gothic-Pop-Trittbrettfahrer und dem Nu-Pagadi-Erfinder folgt eine Band, die für den Boom dieses Genres mitverantwortlich ist: Within Temptation. Irgendwie aber beruhigend, dass die Band vor den Herren Hilbert und Kesici gelandet ist, denn im Vergleich zu den beiden anderen hat Within Temptation einen großen Vorteil: Authentizität. Bzw. hatte. Denn mittlerweile liefern sie jedesmal auch nur noch weitere Gothic-Balladen hinterher, die einen Charts-Einstieg garantieren. “memories” liefert absolut nichts Neues, plätschert vor sich und ist schnell wieder vergessen. 3 von 10 Punkten.

10 Comments so far

  1. Sportbernd on February 15th, 2005

    sag mal junkie, hast eigentlich schonmal nem new-entry 10/10 gegeben?

  2. popkulturjunkie on February 15th, 2005

    ja. im letzten jahr. für “the end of the world” von The Cure.

  3. fabulant on February 16th, 2005

    @#70: Jaaaa, endlich ist jemand aufgewacht. Adam Green ist so belanglos wie nur sonstwas …

  4. Bolle on February 18th, 2005

    man hat den eindruck das hier nur verissen wird und kein wiklicher beitrag zur musik gegeben wird…
    schade das man der musik so wenig gutes abgewinnt auf dieser seite

  5. popkulturjunkie on February 18th, 2005

    ach herr bolle…

  6. herr_a on February 19th, 2005

    also ich erhebe mich jetzt einfach mal zum vertreter der österreicher und möchte in dieser funktion ganz klar und deutlich zum ausdruck bringen, dass man sich hier fürchterlich für die ‘musikalischen’ exporte dieser art schämt.
    wobei mich der ‘klane indiana’ ja doch etwas verwundert, hierzulande geisterte besagtes lied ja doch bereits vor einigen jahren durch den äther..

  7. blub on February 20th, 2005

    österreich bitte nicht durch drei skihüttenbeschaller definieren. wir verzeihen euch dafür alle jeanette biedermanns die so bei euch rumsingen.. abgemacht? gut.

  8. music was my first blog on February 21st, 2005

    Adam Green goes Torfrock?

    Der Popkuturjunkie meint, Adam Greens “Emily” wäre ein ungewolltes “Beinhart (wie ‘n Rocker)” Cover. Da mag was dran sein, ich hatte “Emily” auch von Anfang an für eine Parodie oder Anlehung an einen and

  9. bin ich on February 21st, 2005

    Adam Green – Emily hat IMHO auffällige Ähnlichkeit mit Sam Cooke – Wonderful World. Passt vielleicht besser als Torfrock :-)

  10. Dirk on March 8th, 2005

    Verrisse machen aber viel mehr spass zu lesen :-)

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