popkulturjunkie on tour: nada surf.

Ein perfekter Konzert-Abend liegt hinter mir. Fast 3einhalb Stunden beste Unterhaltung für 17 Euro. Was will man mehr? Kurz zur Vorgeschichte: Ursprünglich hätte ich an diesem Dienstagabend das Phillip-Boa-Konzert in Mannheim besuchen wollen. Als ich jedoch erfuhr, dass Nada Surf in der Frankfurter Batschkapp spielen würden, entschied ich mich um. Ich hatte die Band schon einmal beim Southside-Festival gesehen und war damals überaus begeistert. Außerdem konnte ich so zum ersten Mal die legendäre Batschkapp besuchen, schließlich besaß ich schon in frühester Jugend Bootlegs die dort aufgezeichnet wurden und hatte bis zu gestern den Club nie von innen gesehen.

Der Beginn des Abends war ein sehr sympathischer: Einer der Nada-Surf-Herren betrat die Bühne und kündigte seine beiden Support-Acts an. Vorbildliche Behandlung der sonst oftmals so sträflich vernachlässigten Vorbands. Die beiden Supports waren Howie Beck und John Vanderslice. Zunächst kam Howie Beck auf die Bühne. Allein. Ein etwas unsicher, aber sehr sympathisch wirkender Kanadier, der (wie später auch Vanderslice) zum ersten Mal in Deutschland spielte. Beck war allein, hatte keine Band dabei. Er sang und spielte dazu Akustik-Gitarre. Seine Musik kann man wohl als meist ruhigen, melancholisch-melodiösen Indie-Poprock bezeichnen, dessen Texte oft sehr persönlich sind. Insgesamt eine nette Vorstellung von Howie Beck, viel länger hätte das Konzert angesichts der fehlenden Abwechslung aber auch nicht sein dürfen.

Nach dem Einzelgänger wurde die Anzahl von Personen auf der Bühne immerhin schon auf 2 erhöht: John Vanderslice (Gitarre und Gesang) und Dave Douglas (Drums, Keyboard, etc.). Auch Vanderslice macht eine Art Indie-Poprock, allerdings wesentlich energetischer als Howie Beck. Außerdem wird seiner handgemachten Musik eine Menge an elektronischen Gimmicks untergemischt (z.B. Gameboy-artige Samples). An dieser Stelle muss das Genie des Abends erwähnt werden: Dave Douglas, der mit einer Hand trommelt, mit der anderen Keyboard spielt und mit der drittender trommelnden Hand außerdem ab und zu Knöpfe auf einem Sampler-Dingsbums drückt. Sehr spannend und faszinierend anzuschauen. Gegen Ende sang dann zunächst Nada-Surf-Frontmann Matthew Caws bei einem Vanderslice-Stück mit, danach folgte Nada-Surf-Bassist Daniel Lorca, der das Duo unterstütze. Für Vanderslice galt meiner Meinung nach dasselbe wie für Howie Beck: Nette Show, aber länger hätte sie nicht sein dürfen. Jedenfalls erhöhte er das musikalische Tempo und machte das Publikum insbesondere mit den beiden Gast-Musikern noch heißer auf Nada Surf.

Als diese schließlich die Bühne betraten, änderte sich die Stimmung von einer Sekunde auf die nächste vollkommen. Das (während der beiden Support-Act-Auftritte mit sehr respektloser Lautstärke erzählende) Publikum war sofort voll dabei, die ersten vier, fünf Songs (angefangen bei “blizzard of 77”) wurden allesamt sehr kraftvoll und schnell vorgetragen. Nada Surf gehören definitiv in die Kategorie von Künstlern, deren Tonträger nur vage Anhaltspunkte für das liefern, was man live erwarten kann. Die Musik ist live wesentlich härter und schneller. Hat man vor allem die vielen genialen ruhigen Nada-Surf-Stücke im Kopf, sollte man sie schnell vergessen und sich auf ein lupenreines, richtiges Rock-Konzert einstellen, denn selbst diese langsamen Stücke haben live wesentlich mehr Tempo und Energie. Das Set bestand aus so ziemlich allem, was auf “let go” und “the weight is a gift” veröffentlicht wurde. “happy kid”, “inside of love”, “blonde on blonde”, “killian’s red”, “the way you wear your head”, “your legs grow”, “imaginary friends” – alle fast schon legendären Songs waren dabei. “fruit fly” wurde wegen des – Caws’ Meinung nach – lustigen Textes von einer Konzertbesucherin live ins Deutsche übersetzt.

Der Höhepunkt des grandiosen Konzerts war die Zugabe, die aus zwei Teilen mit insgesamt sieben Stücken bestand. Zuerst kam Caws allein auf die Bühen zurück und sang, begleitet nur von seiner Gitarre, einen Song, den ich mir leider nicht gemerkt habe. Später gab es während eines anderen Stücks noch ein paar Strophen aus “love will tear us apart” von Joy Division und zum Schluss als krönenden Abschluss den Song, der Nada Surf damals in den 90ern beinahe zum One-Hit-Wonder gemacht hätte: “popular”. Insgesamt war der Nada-Surf-Auftritt das beste Konzert, das ich seit langer Zeit gesehen habe. Musikalisch sehr gut, absolut unterhaltend, mit sympathischen Musikern, einfach ein toller Abend.

(Fotos müssen leider in ein paar Wochen nachgeliefert werden, da sich der popkulturjunkie vor der Fahrt nach Frankfurt nicht vergewissert hatte, ob denn die Akkus seiner Kamera auch noch genug Kraft besitzen – und die Fotos, die er dann mit der Kamera seiner Liebsten machte wegen des Hunderte Kilometer entfernt liegenden Kabels leider noch nicht aus der Kamera geladen werden können.)

11 Comments so far

  1. herr waldar on November 23rd, 2005

    gottogott, ich freu mich schon so. nicht mehr lange, nicht mehr lange…
    und den zweiten satz deines textes kann ich dann vermutlich nochmal relativieren! yikes…

  2. waldar.twoday.net on November 23rd, 2005

    it’s still a gift,

    this weight: der popkulturjunkie war bei nada surf und ich freu mich jetzt schon doof!

  3. popkulturjunkie on November 23rd, 2005

    den zweiten satz? relativieren? das musst du jetzt aber mal näher erklären…

  4. 3Toastbrot on November 23rd, 2005

    ja, im Batschkapp habe ich Nada Surf zum ersten Mal sehen dürfen. Ein großer Moment damals, da auch mit “Blizzard of 77” begann und auch mit “Popular” endete. Dann eine Nacht auf dem Frankfurter Hauptbahnhof auf den Frühzug warten, aber das war okay. Große Band, Nada Surf.

  5. frank on November 23rd, 2005

    Glückwunsch! Wenn ich das lese könnt’ ich mich richtig ärgern, daß ich nicht da war.

  6. shifty on November 23rd, 2005

    Die Jungs haben heute ein kleines Konzert in einem Plattenladen hier in Hamburg gegeben. Super sympatisch die Herren und eine feine Atmosphäre.

  7. die_lou on November 24th, 2005

    ja. nada surf live. seufz. grossartig.

  8. Sportbernd on November 24th, 2005

    dann muß ich jetzt ebend in 10 min zu phillip boa gehen, cu @ postbahnhof

  9. […] te das Gefühl Geistesverwandten zu begegnen… war schon fast magisch. Mentalhygiene, Nada Surf Gig (Scheisse: verpasst!), Beck’s neue Website, Grissemann & Stermann sind nur eini […]

  10. steffi on February 15th, 2006

    *hach* immer wieder schön olche reviews zu lesen…. ein unvergessliches konzert…und ich wirklich nicht wenige gesehen ;-)

  11. Maria on January 17th, 2008

    Ja, dolles Konzert damals, mein erstes aber bis heut nicht mein letztes…und nun Wiederholung bitte ;)

    Wirklich schön, hier zu lesen!
    Grüße,
    Maria

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