charts-kritik: 3. august 2007.

Diesmal wieder top-aktuell: Hier sind die New Entries der deutschen Singlecharts vom 3. August 2007:
77: Klubbingman fest. Beatrix Delgado – “never stop this feeling”

DJ Klubbingman gehört zu den Urgesteinen des Kirmestechno, moderiert außerdem seit über zehn Jahren beim Genre-Sender Sunshine Live. Beatrix Delgado ist ebenfalls ein Urgestein, sang schon bei Masterboy. Und was passiert, wenn man zwei solche Urgesteine ins Studio sperrt? Staubige Musik kommt heraus. “never stop this feeling” ist glücklicherweise keine Coverversion, klingt aber so, als wäre der Track Mitte der 90er erschienen. Auf dr einen Seite positiv, weil der Mann anscheinend einfach sein Ding durchzieht und keine Pseudo-Trends adaptiert – auf der anderen Seite aber nicht, weil diese Musik einfach nichts mehr bringt außer ein paar Großraum-Disco-Gänger zu euphorisieren. 2 von 10 Punkten.

76: Sum 41 – “underclass hero”

Manchmal merkt man durch das Schreiben dieser Charts-Kritiken erst, dass es Bands noch gibt, die man längst vergessen, aber nicht vermsist hat. Sum 41 zum Beispiel. Haben vor einigen Jahren Millionen von Platten als schlechte Green-Day-Möchtegerns verkauft, dann ein wenig Pause gemacht und kommen nun mit einer neuen Single zurück. Irgendwie passt das, was ich zu Platz 77 geschrieben habe auch hier ein bisschen: “underclass hero” ist ebenfalls angestaubte Musik. Amerikanischer Teenie-Punkpop ohne irgendeinen Funken Innovation oder Ãœberraschung. Langweilig. 3 von 10 Punkten

67: Pretty Ricky feat. Sean Paul – “(i wanna see you) push it baby”

Pretty Ricky? Wer hat sich den peinlichen Bandnamen denn ausgedacht? Wenn sich in der deutschen Hip-Hop-Szene jemand “Der hübsche Holger” oder so ähnlich nennen würde, würde er aber schnell mal ein paar aufs Maul bekommen. Zu Recht übrigens. Zurück zu Pretty Ricky, der aus vier Leuten bestehenden Hip-Hop-Gruppe. In den USA sind sie schon große Stars, waren mit ihrem Album auf 1 – in Deutschland soll nun Sean Paul den Erfolg bringen. Beim Hören des Tracks will sich mir aber nicht so ganz erschließen, warum die vier Erfolg haben sollten. Ein bisschen US5, ein bisschen Dancehall, alles von der Stange. Musik, die man schnell wieder vergisst. 2 von 10 Punkten.

66: Herbert Grönemeyer – “lied 2 – kopf hoch, tanzen”

Altmeister Grönemeyer beweist immer wieder mal, dass er sich nicht mit dem Ist-Stand zufrieden gibt und auf Weiterentwicklung aus ist. “kopf hoch, tanzen” ist ein Indiz dafür. Ein seltsam an NDW-Zeiten erinnernder Song mit leichtem Gaga-Text – nix mit Piano-Ballade oder so. Zwar ist die dritte Single aus der aktuellen Platte auch kein Meisterwerk oder eine Gott-weiß-wie-große Innovation, aber für die Expermientierfreude des Herren gibt es immerhin: 5 von 10 Punkten.

44: Die Firma – “glücksprinzip”

Hip Hop für Bausparer. Nach dem Megahit “die eine” kommt jetzt das “glücksprinzip”, ein ausgeruhter Sprechgesang-Track mit relaxten Rhythmen und einem Text, der auch aus dem Bibelkreis oder einer Rosamunde-Pilcher-Verfilmung stammen könnte. Da wird sich gefreut, was das Zeug hält. Die Liebe, das Leben, alles ist so schön. Ist ja auch gar nicht verwerflich, einen solchen Song zu produzieren – aber ein bisschen zum Fremdschämen ist er dann doch irgendwie. 3 von 10 Punkten.

22: Sportfreunde Stiller – “alles roger!”

Nach ihrem Fußballhit aus dem WM-Jahr müssen die Sportfreunde 2007 wieder ohne Fußball auskommen. “Ich Roque” hat ja auch das Land verlassen. “alles roger!” bietet wahrscheinlich genau das, was Sportfreunde-Fans so lieben: Spaßigen Poprock ohne zu viel Anspruch, aber auch ohne viel Peinlichkeit. Genau die richtige Musik für Schulfeste, Campus Invasionen und Festivals also. Und auf die Bühne gehören sie ja auch, die Jungs – denn da sind sie wirklich große Entertainer. 6 von 10 Punkten.

16: Nelly Furtado feat. Juanes – “te busque”

Ich erinnere mich noch an Zeiten, als Nelly Furtado in der Indieszene gefeiert wurde angesichts ihres anspruchsvollen Pops. Damit dürfte spätestens genau jetzt Schluss sein. Ein Duett mit Hispano-Schleimer Juanes (“la camisa negra”)? Igitt. Herausgekommen ist ein nerviger, mit leichter Pseudo-Latino-Melancholie versehener Schlager. Ganz übel wird es dann als Frau Furtado ein paar englische Worte spricht. Eine grausige Komposition, die angesichts der Sommerklänge aber wohl dennoch ein Hit wird. 2 von 10 Punkten.

15: Justin Timberlake – “lovestoned”

Ein zugebenermaßen optisch grandioses Video hat er da in Auftrag gegeben, der Herr Timberlake. Musikalisch gesehen gehört “lovestoned” meiner Meinung nach aber zu seinen schwächeren Songs der vergangenen Jahre. Er plätschert so vor sich hin, liefert keine Höhepunkte und erinnert viel zu sehr an mittelmäßige Boybands – daran ändert auch der Break etwa zwei Minuten vor Schluss nicht viel. Video hui, Song pfui, würde ich sagen. 4 von 10 Punkten.

Die Top Ten vom 3. August 2007:

01 (01) Mark Medlock & Dieter Bohlen – “you can get it”
02 (02) Monrose – “hot summer”
03 (04) Rihanna feat. Jay-Z – “umbrella”
04 (06) Ich+Ich – “vom selben stern”
05 (05) Marquess – “vayamos companeros”
06 (03) Azad feat. Adel Tawil – “prison break anthem (ich glaub an dich)”
07 (07) Fergie – “big girls don’t cry”
08 (11) Timbaland feat: Keri Hilson – “the way i are”
09 (08) Pink – “dear mr. president”
10 (12) DJ Ötzi & Nik P. – “ein stern (der deinen namen trägt)”

Ebenfalls erschienen, aber gefloppt:
– Jarvis Cocker – “fat children” (download only single)
– Poison – “sexy back” (download only single)
– Yeah Yeah Yeahs – “is is” ep

Vorschau:
In der nächsten Woche lesen Sie in der Charts-Kritik dann u.a. Beiträge zu den neuen Singles von ATB, Dashboard Confessional, Peter Wackel und Revolverheld – sofern die Umsätze keinen Strich durch die Rechnung machen.

6 Comments so far

  1. olli on August 3rd, 2007

    also vom gesang und der betonung her, klingt die zeile “never stop this feeling” verdammt nach dem gleichnamigen titel von mark oh … finde ich

  2. popkulturjunkie on August 3rd, 2007

    aber hieß es da nicht “never stop THAT feeling”? Außerdem finde ich schon, dass es ziemlich anders klingt.

  3. Sebastian on August 3rd, 2007

    Hiess das von Mark Oh nicht Randy?

  4. Ben on August 4th, 2007

    Poison – Sexy Back, kann ich empfehlen. Ist eine ganz nette Rock-Version vom Justin Timberlake Song.

  5. Sachar on August 4th, 2007

    Also, bis auf Justin Timberlake sind wir uns diese Woche so ziemlich einig.

  6. Dittsche on August 5th, 2007

    Zu Platz 77: Also die Betonung der Titelzeile ist schon der von Mark’Oh extrem ähnlich. Zwar klingt der Rest anders, aber der Verdacht, dass hier abgekupfert wurde, liegt schon sehr nahe.

Leave a Reply