charts-kritik: 4. januar 2008.

Bevor ich jetzt mit den Charts aus dem September vergangenen Jahres weitermache, stecke ich meine kostbare Zeit lieber in aktuelle Charts-Kritiken. Ob ich die fehlenden Kritiken aus September bis Dezember irgendwann nachhole, weiß ich noch nicht. Das ich mich allerdings bemühen werde, ab sofort wieder wöchentlich die aktuellen New Entries vorzustellen – das weiß ich. Hier sind also schonmal die New Entries der deutschen Singlecharts vom 4. Januar 2008:

99: John Lennon – “happy xmas (war is over)”

Keine Ahnung, ob dieser Song tatsächlich noch nie in den Charts war – offiziell wird er zumindest als New Entry und nicht als Re-Entry gewertet. Wie auch immer: John Lennons Weihnachts-Antikriegs-Klassiker geht im Jahr 2008 ziemlich auf die Nerven. Vor allem der plärrernde Kinderchor verbietet eigentlich jedem normal Hörenden das Anschalten dieser Musik. In der ewigen Liste der besten Beatles-oder-Lennon-Songs schafft “happy xmas” höchstens Platz 57 oder 83. 4 von 10 Punkten.

94: Kelly Clarkson – “don’t waste your time”

Hierzulande ist es um Frau Clarkson ja recht ruhig geworden. Ihre beiden Alben schafften zwar die Top Ten, doch Single-mäßig gab es seit 2005 keinen Top-Ten-Hit mehr. Und nun Platz 94. Fiasko könnte man das nennen. Wenn man sich den Song dann anhört, fragt man sich aber auch, warum es einen höheren Platz hätte geben sollen. Völlig uninspirierter Poprock ohne im Ohr hängen bleibende Melodie, austauschbar und von der Stange. 3 von 10 Punkten.

90: Ralf Schmitz – “shaun das schaaf”

Hihihi, Ralf Schmitz durfte also das deutsche Lied zur Kinderserie “Shaun das Schaaf” singen. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich das unfassbar peinlich oder irgendwie komisch finden soll. Das Video hat zumindest seine Momente. Öfter als einmal kann man sich die Grütze zwar nicht anhören, aber im Vergleich zu anderen Kinderliedern ist Schmitz sicher ein relativ geringes Ãœbel. 3 von 10 Punkten.

72: Killerpilze – “letzte minute”

Apropos Kinder – schon sind wir bei den Killerpilzen. Diesmal machen sie einen auf Romantik und geben eine wie immer etwas holprig betextete (“eine letzte minute – ne schlechte oder gute”) Ballade zum Besten. Wenn man das jetzt mal mit Echt von damals vergleicht, sind da schon Welten dazwischen. Das hier ist einfach nur langatmig und unschön. 2 von 10 Punkten.

71: Tool – “vicarious”

Schade, dass sich die Killerpilze zwischen Shaun das Schaaf und Tool geschoben haben, sonst wäre der Ãœbergang noch lustiger gewesen. Aber egal, kommen wir zu Tool, die dank einer Mini-DVD über ein Jahr nach Album-Veröffentlichung noch in die Singlecharts kommen. Um es vorweg zu sagen: Ich als Melodie-Junkie konnte mit der Musik von Tool noch nie so richtig etwas anfangen. So geht es mir auch bei “vicarious”. Progressiver Metalrock, der Freunde solcher Musik sicher unglaublich glücklich macht, aber für mich kommt der Song einfach nicht auf den Punkt. Viel zu viele Breaks, viel zu viel Abwechslung und keinerlei Erinnerungswert. 5 von 10 Punkten.

54: Stanfour – “for all lovers”

Eine Rockband von der Insel Föhr. Würde sich für doofe Witze anbieten, aber das lassen wir lieber. “for all lovers” ist eine etwas amerikanisch klingende Rockballade, die sich irgendwo zwischen Nickelback und Bon Jovi einordnet und sicher ständig im Radio gespielt wird (ich weiß das nicht – ich habe dieses Medium wegen Unerträglichkeit schon vor vielen Jahren aus meinem Tagesablauf gestrichen). Insgesamt zu klebrig und eher fürs Kuscheln zwischen Teenies geeignet. 4 von 10 Punkten.

10: Room 2012 – “haunted”

Für diejenigen, an denen die aktuelle “Popstars”-Staffel (so wie bei mir) völlig vorbeigegangen ist: Room 2012 ist die neue “Popstars”-Band. “haunted” klingt, als hätte man einen gescheiterten Justin-Timberlake-Song aus dem Papierkorb des Studiocomputers reaktiviert. Leider kenne ich das “haunted”-Original von der Band Human Nature aus dem Jahr 2004 nicht, daher kann ich nicht sagen, ob nur die Stimme anders ist. Insgesamt ist der Song zwar keineswegs grottig schlecht, aber eben auch nicht gut genug, um aus dem Mittelmaß-Sumpf des Poplandes herauszuragen. Ãœbrigens ist Room 2012 die erste “Popstars”-Band, deren Debüt-Single nicht von 0 auf 1 einsteigt. Selbst Nu Pagadi (Erinnert sich nich jemand?) haben das geschafft. Für “haunted” 4 von 10 Punkten.

Die Top Ten vom 4. Januar 2008:

01 (01) Timbaland – “apologize”
02 (02) Ich+Ich – “stark”
03 (03) Alicia Keys – “no one”
04 (09) Wham! – “last christmas”
05 (04) Alex C. feat. Yass – “du hast den schönsten arsch der welt”
06 (05) Rihanna – “don’t stop the music”
07 (07) Culcha Candela – “ey dj”
08 (08) DJ Ötzi & Nik P. – ein stern (der deinen namen trägt)
09 (06) Monrose – “what you don’t know”
10 (—) Room 2012 – “haunted”

Ebenfalls erschienen, aber gefloppt:
– ATB – “justify” (Download-only-Single)
– Eagles – “busy being fabulous” (Download-only-Single)
– Editors – “the racing rats”
– Evanescence – “good enough” (Download-only-Single)
– Mando Diao – never seen the light of day (Download-only-Single)
– PJ Harvey – “the piano” (Download-only-Single)
– Serj Tankian – “lie lie lie” (Download-only-Single)
– Slut – “if i had a heart” (Download-only-Single)
– The Mars Volta – “wax simulacra” (Download-only-Single)

Vorschau:
In der nächsten Ausgabe lesen Sie in der Charts-Kritik u.a. Beiträge zu den neuen Singles von den Olaf Henning und Pur. Mich gruselt’s schon.

4 Comments so far

  1. NoOneYouKnow on January 10th, 2008

    Kann mir mal jemand erklären, wieso “ein stern (der deinen namen trägt)” jetzt beinahe ein Jahr so gut wie ununterbrochen in den Top Ten sein kann? Statistisch müsste doch jeder Mensch in diesem Land die Single dreimal besitzen, oder?

  2. popkulturjunkie on January 10th, 2008

    da überschätzt du aber die single-verkäufe, die es noch gibt. “ein stern” hat derzeit zweimal platin, sprich: 600.000 verkaufte, mehr nicht.

  3. Lukas on January 11th, 2008

    Ich wollte gerade anmerken, dass man für “Haunted” ja gar keinen “gescheiterten Justin-Timberlake-Song aus dem Papierkorb des Studiocomputers” genommen hat, sondern das recht erfolgreiche “My Love”. Aber wenn es “Haunted” 2004 schon mal gegeben hat, wäre der Song ja älter als “My Love” …

  4. jensjetzt on January 12th, 2008

    hallo jens,

    ich finde es ein wenig verlorene zeit als mensch über dreißig noch die charts verstehen zu wollen. popproduktionen, wie room 0815 sind ja ganz klar spielzeug-musik, die für kids zwischen 12 und 16 gemacht ist. natürlich muss diese musik menschen jenseits dieses alters nicht gefallen. sie erhebt vermutlich nicht mal den anspruch uns zu gefallen.

    eine musikalische bzw. produktionstechnische bewertung würde ich da spannender finden. eine verlinkung zu hörbeispielen würden mir bequemen blogkonsumenten auch besonders gefallen ;-).

    was mir gerade ncoh auffällt: monrose (ebenfalls popstars-band) scheinen in der zeilgruppe inzwischen fest etabliert zu sein. wenn ich mich nicht irre, dann haben die inzwischen schon zwei singles vom zweiten album in die top ten gehoben. zieht man in betracht, dass die meisten dsds- und popstars-produkte nach dem erten album auf jeden extrem an erfolg eingebüst haben, ist offenbar bei monrose einiges besser gelaufen. aus marketingsicht würde mich schon interessieren, wie das label es geschafft hat, den produktzyklus von monrose zu verlängern.

    gruß aus berlin – jens

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